Branding Case Study: 5 Fehler von Nintendo, die das Brand Marketing der Wii-U ruiniert haben – und was du auch vermeiden solltest!

Lerne in unserer Case Study, wie Nintendo mit schlechtem Marketing ihre Brand und ihr Product ruiniert hat und erfahre in unserer Branding Fallstudie, welche Fehler du vermeiden solltest.

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Bei dem Thema Branding denkt man oft direkt an’s Design oder an lustige Werbekampagnen, die einem lange im Kopf bleiben. In großen Unternehmen werden die Brand-Marketing Teams auch oft als die Truppe mit den frechen Sprüchen betrachtet, die aber wenig Mehrwert im operativen Tagesgeschäft liefern.

Ohne Marke und Strategie funktioniert kein Product Launch

Nintendo ist ein riesiges Unternehmen, das sicherlich auch den einen oder die andere Brand Experten oder Expertin beschäftigt. Und trotzdem haben sie es geschafft, elementare Grundregeln der Markenkommunikation so zu verletzen, dass am Ende einer Pressekonferenz ein milliardenschwerer Schaden entstanden ist.

Bevor wir uns anschauen, was auf der Pressekonferenz falsch gelaufen ist, müssen wir noch etwas weiter zurückschauen. Im Jahre 2006 hat Nintendo mit der Wii eine Konsole auf den Markt gebracht, die völlig anders war als die Konsolen der Konkurrenz. Statt auf hochauflösende Grafik zu setzen, die vor allem die bestehende Zielgruppe der Gamer – meist männlich zwischen 15-35 Jahren – anspricht, hat Nintendo mit der Wii-Fernbedienung ein Eingabegerät entwickelt, dass auch Oma und Opa im Altersheim erlaubt, Bowling zu spielen.

Ältere Frau, die im Altersheim Nintendo Wii spielt

Untermarken und Spiele wie Wii Sports, Wii Fit, Wii Music oder Wii Play haben ganz andere Käuferschichten angesprochen und dafür gesorgt, dass die Wii sich insgesamt 120 Millionen mal verkauft hat. Ein enormer Erfolg, der sich auch in den Marktanteilen widergespiegelt hat: Im Jahr e2010 hat die Wii 52% des Konsolenmarktes ausgemacht, die Konkurrenz musste sich um die übrige Hälfte des Marktes streiten.

Marketing Logo des Wii Spiels Wii Sports von Nintendo aus dem Jahre 2006
Marketing Logo des Wii Spiels Wii Play von Nintendo aus dem Jahre 2008
Marketing Logo des Wii Spiels Wii Mucis von Nintendo aus dem Jahre 2009
Marketing Logo des Wii Spiels Wii Fit von Nintendo aus dem Jahre 2007

Die Wii ist ein Produkt, dass die Zielgruppe liebt

Auf dem Höhepunkt der Erfolgswelle hatte Nintendo nicht nur bis zu 6 Milliarden Dollar Umsatz pro Jahr, sondern auch immer mal wieder gratis Marketing in Form von Berichten im TV, wie die Wii in Altersheimen oder von ganz kleinen Kindern genutzt wird, um Videospiele zu entdecken. Dazu kamen Spiele von ohnehin bekannten Marken wie Mario oder Zelda, die dafür gesorgt haben dass auch die Software-Umsätze explodierten.

Diagramm, dass die Umsätze zu Wii U von Nintendo und dem schlechten Marketing zeigen

Nachfolger der Wii: Produkteinführung mit Hindernissen

Aber auch die erfolgreichsten Produkte erreichen irgendwann das Ende ihres Produktlebens, sodass sich Nintendo um diese Zeit auch an die Entwicklung eines Nachfolgers machte. Nachdem immer weniger Spiele für die Wii erschienen und die Konkurrenz mittlerweile wesentlich besser aussehende Spiele veröffentlichte, brachen die Käufe schneller und stärker ein als von Nintendo gedacht. 2011 war der Umsatz nur noch 1/3 von dem Umsatz in 2009, während sich keine Trendwende entdecken ließe.

Nach 5 Jahren auf dem Markt kündigte Nintendo dann an, den Nachfolger die Wii auf einer Videospielmesse im Juni 2011 vorzustellen.

Ein fatales Presse-Event in 2011, das die WiiU zum Misserfolg werden ließ

Aus aller Welt sammelten sich Journalisten in das Nokia Theatre in Los Angeles, wo Nintendo zur großen Pressekonferenz lud. Zwischendurch wurden Gerüchte laut, dass die neue Konsole die Spiele in irgendeiner Art streamen kann oder dass es einen Bildschirm mit haptischen Feedback geben würde. Als die Pressekonferenz begann, waren dann ca. 1800 Menschen im Raum versammelt – alle gespannt auf das, was Nintendo als nächstes für eine Innovation aus dem Hut zaubern würde.

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Produktverliebtheit statt effektive, zielgerichtete Kommunikation

Nachdem einige neue Spiele für die mobile Konsole vorgestellt wurde, betrat der Amerika-Chef von Nintendo die Bühne und erinnerte das Publikum daran, dass Nintendo viel Spott für den Namen “Wii” geerntet hatte, bevor die Konsole verkauft wurde. Im Nachhinein, so der Chef, sei das die perfekte Bezeichnung für das gewesen, was die Wii ausmacht:

„Ein System, dass wir alle zusammen gespielt haben“

Und die nächste Konsole würde diese Logik der Benennung behalten.

„Als wir die neue Konsole entwickelt hatten, gab es einen Leitgedanken: Die spiele sind super, damit wir sie zusammen spielen können. Aber wie sieht es mit einer Konsole aus, die maßgeschneidert auf dich ist?“

Während er das sagte, blendete man das neue Logo der Konsole ein.

Branding Case Study flop: Logo der Nachfolgekonsole der Wii - die Wii U

Die Wii U würde eine Konsole sein, die nicht nur zusammen Spaß macht, sondern auch jedem einzelnen Gelegenheit geben, seine Videospiele ganz neu zu erleben. Der Amerika.-Chef trat von der Bühne ab und zeigte diesen Trailer:

Selbst Experten hatten das Marketing und das Branding nicht verstanden

Bevor du weiter machst! Nimm dir einen Zettel und einen Stift, und male die Wii U!

Wenn deine Zeichnung so aussieht, liegst du leider falsch:

Eine Zeichnung des Wii U Controllers

Aber mach dir nichts draus falls du das so gezeichnet hast, die meisten Menschen lagen falsch. Und das hat Nintendo am Ende Milliarden gekostet. Der Marktstart der Wii U war so schlecht, dass sich der Konzern dazu entschlossen hatte, ein paar Tage nach Verkaufsstart sämtliche sich in Entwicklung befindlichen Spiele anzukündigen. Eine Notfallmaßnahme, um doch noch Käufer für die Konsole zu begeistern.

Finanzielle Konsequenzen einer fehlgeleiteten Brand-Strategie

Nach dem Marktstart der Wii U hatte Nintendo die ersten Verluste in der hundertjährigen Unternehmensgeschichte akzeptieren müssen. Die Wii U war ein kolossaler Flop, dessen wirtschaftlicher Schaden jeden gefloppten Kinofilm in den Schatten stellt. In der selben Zeit, in der die Wii 15 Milliarden an Umsatz gemacht hatte, hat die Wii U dem Unternehmen sogar ein operatives Minus von je ca. 250 Millionen eingebracht.

Was lief falsch im Product und Brand Marketing von Nintendo?

Nintendo hat bei der Vorstellung der neuen Konsole mehrere Aspekte einer guten Markenstrategie, aber auch Regeln im Produktmarketing gebrochen:

  • 1.

    Die Wii U ist aus Brand-Perspektive keine neue Marke, sondern eine Untermarke der Wii. Die Menschen waren verwirrt, ob, die Wii U eine neue Konsole ist, oder nur ein Bildschirm den man zusätzlich zur Wii kauft um dann die neuen Spielerfahrungen möglich zu machen. Dabei hat die große Markenbekanntheit der Untermakren der Wii der Wii U extrem geschadet. Schaue dir nochmal die Logos der Produkte an und denke drüber nach, ob die allgemeine Bevölkerung verstehen würde, dass die Wii U ganz anders ist als die anderen Marken.

  • 2.

    Es wurden alte Spiele gezeigt. Auch die Beispiele im Film waren eher verwirrend als erklärend, denn außnahmslos alle gezeigten Spiele sind visuell extrem ähnlich und stammen größtenteils auch 1:1 aus Spielen, die es schon für die Wii gab. In einem Interview hatte der Nintendo Präsident Jahre später zugegeben, dass das unternehmen durch den rapiden Abfall der Verkaufskurve der Wii gezwungen war, hastig Demos für die neue Konsole zu entwickeln. Deswegen sehen die neuen Spiele den alten Spielen so ähnlich.

  • 3.

    Vor lauter Selbstverliebtheit in die eigene Technik wurde vergessen, die Konsole zu zeigen. Es wurden innerhalb von 3 Minuten 12 verschiedene Features der Wii U gezeigt. Die Zuschauer wussten danach zwar, dass man YouTube Videos aus der Hand an den TV streamen kann, aber haben die Konsole – das eigentliche Produkt – gar nicht bemerkt.

Echte Wii Spiele im Vergleich zu dem Wii U Demos, die Nintendo im Marketing gezeigt hatte:

Vergleichsbilder, die unterschiedliche Wii Spiele und Demos der Wii U zeigen

Jeder kennt die Wii, aber keiner die WiiU

Die eigentliche Konsole war übrigens auch zu sehen in der Ankündigung – für insgesamt 5 Sekunden, schlecht zu sehen unter dem Fernseher. Heutzutage kennt jeder die Wii, oder sogar die neue Konsole Switch. Aber die Markenbekanntheit der WiiU läuft gegen null. 

Eine gute Marke aufzubauen kostet viel Zeit und Geld. Eine Marke zu zerstören kostet dich keine 4 Minuten.

Der Wii U Case ist mein Lieblingscase im Marketing. Nicht nur ist es ein gut untersuchter Fall, zu dem das unternehmen selbst mittlerweile viel Auskunft gegeben hat und von dem man einiges lernen kann. Ich war selbst damals vor dem Live-Stream und war völlig verwirrt, was da gerade gezeigt wurde. Und das, obwohl ich wusste dass eigentlich eine neue Konsole vorgestellt werden würde.

Im Gegensatz zu vielen anderen Negativbeispielen im Marketing war die Wii U kein Name, der in einer anderen Sprache eine Beleidigung war oder technisch gefährlich, wie Samsungs Galaxy Note 10, das mit etwas Pech wegen zu dünner Batterien explodierte. Die Wii U ist gescheitert, weil Nintendo versucht hatte von der großen Markenbekanntheit der Wii zu profitieren, aber ohne dabei auf gewisse Spielregeln zu achten. “Wii 2” wäre nicht so gewollt-innovativ als Name gewesen wie die Wii, hätte aber schon einiges an Verwirrung verhindert. Der Trailer mit den vielen Features zeigt auch, dass Nintendo ein Unternehmen war, dass nicht die Perspektive der Zielgruppe einnehmen konnte, sondern lieber sich selbst mit den vielen neuen Features feiert – und dabei das Hauptprodukt glatt vergessen hat.

Viele Selbstständige und Start-Ups tappen dabei unserer Meinung nach in die selbe Falle. Alle wollen direkt etwas revolutionieren und können ins Detail genau erklären, warum oder wie ihr Angebot das beste ist. Aber das auf einen Satz einfach und verständlich für die Zielgruppe runterzubrechen? Das können die wenigsten.

Lerne deinen Marketing-Berater kennen:

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Tim Teschner

Tim Teschner hat an der Universität der Künste Berlin Kommunikationswissenschaften studiert und war in großen Unternehmen wie MTV oder der Otto Group im Marketing tätig, bevor er Komsulting gegründet hat. Er ist neben seiner Berater-Tätigkeit auch Dozent für strategisches Marketing und unterstützt vor allem Selbstständige, KMUs und Kanzleien in Berlin in ihrer Kommunikation.

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